Die Überlegungen, Patient*innen mit einem komplexen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungsbedarf besonders in den Fokus zu nehmen, sind nachvollziehbar. Die Ausgestaltung der dafür beschlossenen Vorgaben, die in einer eigenen Richtlinie festgelegt sind, sind jedoch in verschiedener Hinsicht ungenügend:


Die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen ist reguliert und braucht Koordination. Von einer solchen Aufgabe sind jedoch Praxen ausgeschlossen, die keinen vollen Versorgungsauftrag nachweisen. Diese Regelung ist nicht nachvollziehbar: Wieso ist man nicht für eine Koordinationsaufgabe geeignet, wenn man nur mit einem hälftigen Sitz an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt? Die Richtlinie ist auch ungeeignet, weil uns die differenzialdiagnostische Kompetenz, die wir täglich praktizieren, quasi abgesprochen wird. In der Richtlinie ist vorgesehen, dass ein*e Patient*in erst nach einem Gespräch bei einem/einer Facharzt/-ärztin an diesem Versorgungsmodell „Komplexversorgung“ teilnehmen kann. Das ist keine Beteiligung auf Augenhöhe, es ist vielmehr Subordination. Wir sind davon überzeugt, sehr wohl diagnostische Fragen klären und ggf. andere Behandler*innen einbeziehen zu können. Die Komplexrichtlinie ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht ungenügend: Im Rahmen einer Mitwirkung an einer Zusammenarbeit nach dem Modell der Komplexrichtlinie sind zahlreiche, komplexe und zeitintensive Aufgaben zu erledigen, der eine Vergütung entgegensteht, die einem solchen Aufwand nicht im Geringsten entspricht.


Wir brauchen strukturelle Veränderungen, die uns ein gleichberechtigtes Mitwirken ermöglichen und wirtschaftlich klare Verbesserung ergeben. Der zusätzliche Aufwand der Leistungen in der Richtlinie zur Komplexversorgung muss vergütet werden. Auch werden wir besonders die Gefahr im Auge behalten, dass die Komplexrichtlinie als neuer Standard der psychotherapeutischen Versorgung etabliert werden könnte, der unsere Möglichkeiten einschränkt und letztlich die Therapiefreiheit untergräbt.

Den Text zur Komplexrichtlinie finden Sie hier.

Gemeinsam für die Zukunft der Psychotherapie

Liste Psychotherapeuten-Bündnis
Wahlvorschlag 2

Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen